Langsamer sprechen – wirken wie die Profis.

Inhaltsverzeichnis

„… flüssig … aber beim nächsten Mal bitte ein bisschen langsamer sprechen. Das wäre schön.“

Wer dieses Feedback bekommt, steht erstmal dumm da. Langsamer reden. Okay. Aber wie? Und ist das überhaupt sinnvoll?

Legen wir los und finden wir es heraus.

Schnelles Sprechen hat einen Grund

In welchen Situationen sprichst du zu schnell und bekommst das auch als Feedback zurück? Was sind das für Situationen? Ist es entspannt auf der Couch oder in einem Small Talk mit Freunden? Natürlich nicht. Wahrscheinlich sprichst du in Stresssituationen zu schnell. Eine Präsentation vor Publikum. Ein Meeting, dass durchgezogen werden muss. Die Zeit, die drängt.

Dazu kommt, dass du vielleicht ein natürlicher Schnell-Sprecher bist. Also eine Person, die von Natur aus mit hohem Tempo redet. Wenn du dann zusätzlich unter Druck gerätst, drückst du erst richtig aufs Gas und lässt alle Zuhörer hinter dir.

Besonders interessant ist, dass das nicht nur Anfänger trifft. Auch als Experte kann man unbewusst zu schnell sprechen – z.B. wenn man schon gefühlte 1000-mal darüber gesprochen hat.

Doch: Schnell sprechen ist nichts Schlechtes.

 Die Sprechgeschwindigkeit ist direkt verbunden mit der Denkgeschwindigkeit. Das heißt: Du denkst schneller als andere Menschen. Man könnte sagen: Indem du trainierst langsam zu sprechen, nimmst du Rücksicht auf Mitmenschen, die weniger schnell denken 😉 Ich finde das sehr ehrenwert.

Doch was ist „zu schnell“?

Diese Frage habe ich mir vor ca. 2 Jahren auch gestellt und bin auf ein erstaunliches Ergebnis gestoßen. Dafür habe ich 20 Reden auf Youtube analysiert (die 20 klickstärksten Reden auf dem Kanal Greator). Ich wollte herausfinden, ob die Sprechgeschwindigkeit irgendwie die Anzahl der Klicks und damit die Beliebtheit beeinflusst.

Die gängige These wäre: Die am meisten geklickten Videos sind relativ langsam gesprochen, weil langsam sprechen ja professionell und gut ist. Doch das Ergebnis war ein anderes: Es gibt keine Relation.

Im Durchschnitt der 30 Reden, haben die Personen mit 151 Wörtern pro Minute (WpM) gesprochen. Und das allein ist bereits sehr schnell. Die normale Sprechgeschwindigkeit wird von vielen Quellen mit um die 110 WpM angeben.

Also Reden alle Profi-Speaker zu schnell? Natürlich nicht.

„Zu schnell sprichst du erst dann, wenn andere es so empfinden.“

Das kann der Fall sein, wenn:

  • Inhalte zu kompliziert sind, sodass sie nicht schnell genug verstanden werden.
  • Keine Pausen gesetzt werden.
  • Es wenig Wechsel in der Sprechgeschwindigkeit gibt. Also monoton gesprochen wird.
  • Du zu undeutlich sprichst und du somit nicht gut verstanden wirst.

Wie du das löst? Lies einfach weiter.

Vor- und Nachteile von langsamer Sprache

Stell dir einen Lehrer vor, der 1,5 Stunden in langsam gesalbter Stimme spricht. Was er sagt, ergibt Sinn… es klingt gut. Doch langsam, aber sicher … wirst du immer … gelangweilter … und … müder …

Ufff, das wäre eine Katastrophe. Immer langsam sprechen ist wie der Cocktail der unendlichen Langeweile. Was spannend ist, ist der Wechsel der Geschwindigkeit. Mal schnell, mal langsam, mal irgendwo in der Mitte. Dann hören wir zu.

Ich nenne dieses Prinzip: Das Kontrast-Prinzip.

Es sagt: Nur das bekommt unsere Aufmerksamkeit, was sich vom Rest unterscheidet – also einen Kontrast bietet. Wenn jemand ohne Kontraste spricht – also immer gleich – dann schalten Zuhörer automatisch irgendwann ab.

Das Ziel für deine Sprache ist also NICHT langsamer sprechen. Das Ziel ist eine variantenreiche Sprache, in der du mal schneller und mal langsamer sprichst.

Das Ziel: NICHT langsam sprechen, sondern variantenreich.

Damit das funktioniert, wähle am besten eine Standart-Sprechgeschwindigkeit, die irgendwo in der Mitte deiner Möglichkeiten liegt. Sie sollte nicht maximal-schnell sein, aber auch nicht maximal-langsam – sondern irgendwo in der Mitte. Das ist die perfekte Grundlage, um die Vorteile der verschiedenen Geschwindigkeiten für dich zu nutzen.

Die Vorteile und Nachteile von langsam sprechen
Die Vorteile und Nachteile von schnell sprechen

Wie spreche ich langsamer? – Die Anleitung

Der Rat „spricht einfach langsamer“ hilft oft überhaupt nicht weiter. Es ist wie ein Lego-Technic-Modell ohne Anleitung – man kann es zusammen, aber am Ende funktioniert es nicht.

Deshalb bekommst du jetzt Strategien, die wirklich funktionieren. Sie haben bei vielen meiner Coaching-Teilnehmer bereits einwandfrei funktioniert. Du musst sie nur umsetzen.

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1.     Nutze Pausen zwischen Gedanken, nicht zwischen Wörtern

„Mach einfach mehr Pausen.“ ist ein anderer gut gemeinter Rat, wenn es um Präsentationen geht. Das Geheimnis liegt jedoch im richtigen Moment. Die Frage ist: Wann solltest du Pausen machen, um deine Sprechgeschwindigkeit zu reduzieren?

  • Zwischen einzelnen Gedanken: An Satzenden oder bei Themenwechseln.
  • Vor einer wichtigen Information, um die Spannung zu erhöhen.
  • Oder nach der wichtigen Information, um sie wirken zu lassen.

Was nicht passieren sollte, sind Pausen in Sätzen, wo sie nicht hingehören. Das ist, wie wenn ein Video nicht richtig lädt und man plötzlich mitten im Satz warten muss. Gibt es [viel zu lange Pause] etwas Nervigeres?

Um es noch klarer zu machen, wann du Pausen setzen kannst, habe ich dir eine Übung mitgebracht. In dem kommenden Text sind Pausen markiert mit (P) = Pause. Lies ihn laut vor und setze die Pausen bewusst ein. Immer mindestens 1 Sekunde.

„Warum ist es für Selbstständige und Unternehmer so wichtig, sich auf große Reden gezielt vorzubereiten? (P) Muss man das überhaupt? Was ist mit der Präsentations-Erfahrung aus Meetings? Zählt nicht die Fachkenntnis? Kann man es nicht einfach spontan machen? (P) Kann man schon. (P) Aber das ist, wie wenn du ein Monatseinkommen, einfach im Casino auf die grüne 0 setzt (P) – einfach nur verrückt. (P) 

Eine Rede vor großem Publikum zu halten, ist anders als eine Präsentation im Meeting. (P) Statt 5 Hörern, gibt es 300. Statt im gewohnten Raum, ist es eine riesige fremde Bühne. Statt Hörern, die aus Respekt sitzen bleiben, kann der Saal am Ende des Vortrags leer sein, wenn du nicht gut vorbereitet bist. (P) Das Ziel ist: (P) So viele Menschen überzeugen, wie möglich. (P)  Am besten alle. (P) Und zwar so, dass sie nach der Rede zu dir kommen, sich bedanken und sich freuen, mit dir in Zukunft arbeiten zu dürfen. (P) Das erreichst du nur, wenn du dich gezielt (P) und mit der Hilfe eines Experten vorbereitest. (P)“

2.     Sprich nicht nur deinen Text. Sprich zum Publikum.

In meinen Trainings habe ich etwas Interessantes beobachtet. Das Tempo ist nur dann wirklich zu hoch, wenn der Sprecher sich NICHT aufs Publikum konzentriert, sondern z.B. auf sich selbst, die eigene Aufregung oder die kommenden Einkäufe.

Dieser Fokus-Wechsel ist dafür verantwortlich, dass man dem Publikum zu wenig Aufmerksamkeit schenkt. Man bemerkt nicht, dass die Sprechgeschwindigkeit ansteigt und man die Hörer verliert.

Deshalb: Konzentriere dich auf dein Publikum. Es besteht aus einzelnen Personen. Schau sie an. Schau in die Gesichter. Wie finden sie das, was du sagst? Kommen sie mit? Wenn du das beantworten kannst, ist deine Aufmerksamkeit ganz beim Publikum und ich wette, dass du ganz automatisch die perfekte Sprechgeschwindigkeit hast.

3.     Sprich deutlich

Konzentriere dich darauf deutlich zu sprechen. Dadurch bist du nicht nur besser zu verstehen, sondern sprichst automatisch langsamer. Diese Übung ist perfekt dafür:

Die Daumen/Korken-Übung:

Die Korkenübung ist eine verbreitete Technik in der Logopädie und im Schauspieltraining, um die Artikulation und die Deutlichkeit der Sprache zu verbessern. So trainierst du deine Lippen- und Mundbewegungen, um deutlicher zu sprechen. Ich nenne sie gerne auch Daumen-Übung, weil ich ehrlich gesagt, selten Korken neben mir liegen habe.

So funktioniert die Korkenübung: 

Steck den Korken (oder Daumen) zwischen deine Zähne. Dabei sollten deine Schneidezähne den Korken locker festhalten. 

Beginne, einfache Sätze oder Textpassagen laut vorzulesen, während du den Korken zwischen den Zähnen behältst. Das wird anfangs ungewohnt und etwas schwierig sein, da deine Mundbewegungen eingeschränkt sind. Versuche dennoch, so deutlich wie möglich zu sprechen. 

Nachdem du die Übung 1-2 Minuten gemacht hast, entferne den Korken und sprich denselben Text erneut. 

Tadaaa. Du wirst merken, dass du automatisch klarer und deutlicher sprichst. Um den Effekt auch langfristig zu behalten ist etwas mehr Übung nötig – 30 Tage am Stück 5 Minuten pro Tag.

Bonus-Übung: Sätze abschließen

Eine zweite Sache, die ich in meinen Trainings bemerke: Es wird dann zu schnell gesprochen, wenn Sätze ohne Punkt und Komma aneinandergehängt werden. Das bemerkt man daran, dass am Ende des Satzes die Betonung nicht nach unten geht – wie es normalerweise sein sollte – sondern nach oben. Manchmal verstärken Füllworte diesen Effekt weiter (z.B. und, so, also, dann, ja …). Eine Möglichkeit ist, die Füllworte zu reduzieren. Aber was du auch machen kannst, ist bewusst ein Punkt setzen nach jedem Satz. Also, eine kleine Mikropause zu machen. Dadurch schließt du jeden Satz bewusst ab und wiederstehst dem Drang ununterbrochen weiterzusprechen.

Übung: Schau in einen anderen Blog-Beitrag von mir und lies ihn laut vor. Mache nach jedem Satz eine kleine Mikropause.

So solltest du später nicht dauerhaft sprechen, doch es stärkt deinen Fokus – lässt dich klarer sprechen und Sätze bewusst zu Ende bringen.

So lernst du variantenreich zu sprechen (fortgeschritten)

Langsam sprechen – kannst du.

Schnell sprechen – kannst du.

Mittelschnell sprechen – kannst du auch.

Wenn du jetzt noch bewusst und gezielt zwischen den Tempos wechselst, steht deiner professionellen Wirkung nichts mehr im Weg! Aber Achtung, wir dringen jetzt in fortgeschrittene Themen ein. Sei gespannt.

Wann soll ich langsam sprechen? Und wann schnell?

Du weißt bereits, dass das Ziel eine variantenreiche Sprache ist. D.h. die meiste Zeit sprichst du in einer mittelschnellen Sprache, von der aus du schneller und langsamer werden kannst. Die Frage ist nur wann?

Schnell sprechen: Da ein hohes Tempo eine hohe Energie, Interesse und Begeisterung zeigen kann, setze es ein, wenn:

  • Du über Herzensthemen und Expertisen sprichst
  • Du aufregende Geschichten erzählst, die du erlebt hast
  • Und der Inhalt einfach zu verstehen ist (nicht für dich, sondern für dein Publikum)
  • Oder du dein Publikum bewusst überfordern willst, um zu zeigen, wie viel zu einem Thema dazugehört

Langsames sprechen: Das niedrige Tempo kann Bedachtheit, Ersthaftigkeit und Souveränität ausstrahlen. Setze es ein, wenn:

  • Du sicher gehen willst, dass dein Inhalt verstanden wird – z.B. bei komplexen Inhalten.
  • Du Spannung erzeugen willst
  • Ganz am Anfang deines Vortrags, um das Publikum bei ihrer aktuellen Stimmung abzuholen.
  • Ganz am Ende deines Vortrags, um elegant und effektvoll abzuschließen.
  • Du wichtige Kernaussagen teilst

Diese kleine Liste ist nicht erschöpfend – es gibt viele weitere Möglichkeiten. Achte am besten in deinem normalen Sprachgebrauch darauf, wann du langsam sprichst und wann schnell. Wenn du diese Gewohnheiten bewusst in Präsentationen einsetzt, wirst du authentisch und spannend wirken.

Wie spreche ich variantenreich? – Die beste Übung

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Eine variantenreiche Sprache ist etwas sehr Individuelles – denn es kommt darauf an, was du zu deinem Thema fühlst. Ja, fühlst. Denn stell dir vor, du sprichst mit Absicht schnell, um Energie und Begeisterung für ein Thema zu zeigen. Doch in Wahrheit findest du das Thema furchtbar …

Was passiert dann? Dann sagt dein Sprechtempo: „Energie und Begeisterung“! Aber deine Lautstärke, deine Körpersprache oder Mimik sagt: „Juckt mich gar nicht.“ Was dann entsteht, ist eine Dissonanz – eine Unstimmigkeit. Es wirkt merkwürdig, unauthentisch, so als hättest du hier ein kleines Theaterstück aufgeführt.

Damit eine variantenreiche Sprache also funktioniert, ist es wichtig etwas zu fühlen. Du musst wahrnehmen, was du zu einem Thema empfindest und es dann durch deine Sprache unterstreichen.

Und jetzt sage ich etwas, dass ich in diesem Beitrag noch nie gemacht habe: Es ist einfacher als es klingt. Die beste Übung dafür ist die Stegreifrede (hier genauer beschrieben). Du nimmst ein zufälliges Wort und sprichst anschließend 1-2 Minuten über das, was dir dazu in den Sinn kommt. Unterstreiche deine Emotionen dabei mit deiner Stimme.

Fragen zum Üben findest du in dieser Sammlung.

Fazit:

Du hast gelernt, dass es nicht darum geht, immer langsam zu sprechen. Sprich mal schneller, mal langsamer, wie es zum Inhalt passt. Wie du bewusst langsam sprichst, das weißt du jetzt. Wenn du dich gezielt vorbereiten willst auf eine Rede oder einen Vortrag, dann nimm dich am besten einmal mit der Handykamera auf, damit du deine Sprechgeschwindigkeit überprüfen kannst.

Wenn du mehr Feedback und Input suchst, um ein Publikum sicher von den Socken zu hauen – dann schreib einfach mir oder schau im Wissens-Hub vorbei.

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